Das neue Jahr begann genauso gut, wie das letzte geendet hatte. Es geht mir gut, ich habe den Winter für meine Taglilienzucht benutzt. Mein Partner wurde dazu verdonnert, mir bis Mitte Mai ein neues Beet zu richten. Er hat seinen Teil mit dem Bagger erledigt. Die neue Erde habe ich von Hand selber verteilt und 250 Taglilienkinder angepflanzt. Die Arbeit im Stehen ist manchmal ein bisschen anstrengend. Aber ich habe mir einen kleinen blauen Hocker besorgt, gerade hoch genug, dass ich problemlos alleine aufstehen kann und niedrig genug, dass ich mit dem Gartenwerkzeug dem Unkraut zu Leibe rücken kann. Die Nachbarn grinsen schon, wenn ich mit meinem Hocker anrücke. Aber so kann ich wunderbar gärtnern. Ich genieße das schöne Wetter, sitze mitten in duftenden Blüten. Entspannung pur. Die Welt ist schön.


*&lt:-P Party

 

5 Jahre habe ich es vertrödelt, im März bei einem weiteren Kontrollbesuch in der Uni Heidelberg habe ich nun endlich meinen Brief an den unbekannten Stammzellspender dort abgegeben.

Und diesmal ging es ganz schnell, mein Spender hat geantwortet. Immer noch anonym, aber es tut sich doch nun endlich was. Ein paar Formalitäten mussten wir noch erledigen. Dann kam am 11.Juni 15 endlich die Freigabe unserer Adressdaten. Komisch, irgendwas ist an diesem Datum. Es war der Geburtstag meines verstorbenen Vaters, es war der Tag, an dem ich die Diagnose Plasmozytom bekommen habe. Und nun ist es der Tag, an dem ich erfahren durfte, wer mein Leben gerettet hat. Philipp heißt mein Spender. Nach einem Telefonat stand fest, er hat nicht nur für mich Stammzellen gespendet, er ist auch sonst ein sehr sympatischer Mensch. Der Brief, den er mir geschrieben hatte, hat mich zu Tränen gerührt, so mitfühlend und liebevoll.

 

Jetzt musste nur noch ein Termin für unser Treffen ausgemacht werden. Aber wie das so ist, vor November hatten wir beide keine Zeit.

Ende August 2015 änderte sich mein Glück dann allerdings ein bisschen. Irgendetwas ist passiert, ich kann mal wieder nicht gut auf dem rechten Bein auftreten. Anfang September wurde ein CT gemacht, aber ich bekam keinen Befund. Jeder meiner behandelnden Ärzte hat sich wohl darauf verlassen, dass der andere mich darüber informiert, dass weitere Untersuchungen notwendig wären. Und bei mir standen 10 Tage in Österreich auf dem Programm. 3 Tage Arbeit, 4 Tage dazwischen Urlaub und nochmals 3 Tage Arbeit.

Was tut man 4 Tage in der Nähe von Wien. Klar, man geht an der Donau spazieren. Mit 1 Krücke. Und einen Baumwipfelweg musste ich auch unbedingt erklimmen (ich hätte auch den Fahrstuhl nehmen können, aber das war mir zu langweilig).

Ich habe hinterher mal grob zusammen gerechnet, in den 10 Tagen bin ich gut 30 km mit meiner Krücke marschiert. 

Wieder daheim nahm das Chaos seinen Lauf. Die weiteren Untersuchungen ergaben, dass der Oberschenkel mal wieder gebrochen war. Die Metallplatten hielten den Knochen aber noch einigermaßen zusammen. Inzwischen war es Mitte Oktober. Der Haxen tat jetzt richtig weh. Ohne gelegentlich Schmerzmittel zu nehmen, ging es nicht mehr. Mit Plasmozytom darf man einige Schmerzmittel nicht einnehmen, es mussten dann Opiate sein - ich will doch kein Junkie werden!!!

*:-/ verwirrt

Dann endlich ein Befund, der erklärte, was passiert war. Nicht nur der Knochen war gebrochen, die oberen 3 Schrauben in der Metallplatte konnten der Belastung nicht mehr standhalten und waren ebenfalls abgebrochen. Der Orthopäde schickte mich ganz eilig zur OP ins Krankenhaus. Als ich dort endlich dran kam, war es Freitagnachmittag - Feierabend. Der junge Arzt konnte die mitgebrachten CT-Aufnahmen nicht öffnen und schickte mich übers Wochenende wieder heim. Ich sollte Montag in die Sprechstunde zum Chefarzt kommen. So schlimm sei es ja wohl nicht, ich bin ja noch munter mit der Krücke unterwegs. 

Montag war der Chefarzt natürlich nicht da, aber zumindest konnte der Oberarzt das CT ansehen und mir erklären, wie die Behandlung/ OP gemacht werden kann. Das sollte aber auf jeden Fall noch mit dem Chefarzt besprochen werden. Ich wurde zum 2. Mal nach Hause geschickt. 1 Woche später traf ich dann den Chefarzt. Er wollte gerne selber operieren, wäre aber jetzt erstmal für 1 Woche im Urlaub. Sprach´s und wollte mich wieder nach Hause schicken.

Da ist mir dann doch der Kragen geplatzt. Das darf ja wohl nicht wahr sein. Da lassen mich die Helden 3 Wochen mit einem gebrochenen Bein rumlaufen. Nach einem kleinen Zwergenaufstand wurde dann die OP für den nächsten Tag (4.11.15) vereinbart.

So kommt das, wenn man nicht laut genug jammert. Nächstes Mal werde ich klagen bis der Notarzt kommt. Dann geht es vielleicht etwas schneller. 

 

Und das Treffen mit meinem Stammzellspender musste nun leider vorerst auf 2016 verschoben werden.

4.11.15

Die OP ist gut verlaufen. Jetzt habe ich noch mehr Metall im Bein, aber ich durfte vom 1. Tag an voll belasten. Die Krücken waren nicht wirklich notwendig, gaben aber doch ein bisschen Sicherheit.

Einige Tage später kam der Bescheid, dass ich in die Reha kommen könnte. Diese wollte ich ambulant machen. Ein Freund hat mir "Asyl" angeboten. So hatte ich täglich nur 4 km zur Rehaklinik zu fahren. Und nach Feierabend konnte ich meine Freizeit viel angenehmer gestalten als in so einem Krankenhauszimmer. 

Am Wochenende besuchte ich eine Fachtagung für Pflanzen und Montag war ich rechtzeitig wieder zu meinen Übungen in der Reha. So macht ja sogar einem unsportlichen Menschen wie mir die Gymnastik Spaß

Es fiel der 1. Schnee, die Straßen waren leicht rutschig. Und Krücken dann gefährlich, das hatte ich 2010 ja schon erlebt. Also nahm ich die Krücken nicht mit. Der Chef in der Reha ermahnte mich allerdings, wegen meiner schlechten Haltung, sie doch zu benutzen. An diesem Tag auf dem Heimweg plagte mich der rechte Oberschenkel heftig. Kurze Pause, dann würde ich schon weitergehen können. Aber es kam anders. Im nächsten Moment explodierte der Knochen förmlich und ehe ich begriff, was da passiert war, lag ich rückwärts im Dreck, den Oberschenkel im Winkel verdreht. Im Fallen habe ich nur noch ein Stoßgebet losgelassen:"Herr, lass meine Wirbelsäule durch den Aufprall nicht auch noch brechen."

Wie so oft, hatte ich wieder Glück. Die Mitarbeiter der Rehaklinik machten gerade Feierabend und blitzschnell eilten 5 Leute zur Hilfe herbei. Einer rief Sanitäter mit einer Trage herbei, ein anderer packte mein Bein und zog es gerade. Er gab dann den anderen Anweisung, das Bein unter Spannung gerade zu halten, bis ich weiter versorgt werden konnte. Der Dritte holte meine Sportkleidung aus dem Spind, informierte die Verwaltung, dass meine Reha beendet sei und gab den Spindschlüssel in der Rehaklinik zurück. So viele hilfsbereite Menschen und ich habe mich in der Aufregung nicht einmal bedankt. Leider konnte ich sie auch später nicht ausfindig machen, um das nachzuholen.

 

Am nächsten Tag (24.11.15) lag ich mal wieder im OP. 

 

Ich muss wieder auf Krücken laufen, ungefähr 12 Wochen lang. Diesmal habe ich sie aber auch streng nach ärztlicher Anweisung verwendet. 

 

Das war jetzt die 4. Fraktur am rechten Oberschenkel. So allmählich gibt es da keine heile Stelle mehr im Knochen. Dafür umso mehr Metall. Diesmal habe ich einen Implantat-Pass erhalten. Ich weiß nicht, was bei den letzten OPs eingesetzt wurde. Jetzt ist die Osteosynthese jedenfalls aus Titan. Jetzt werde ich auch noch wertvoll.

 

Offensichtlich bin ich ein sehr interessanter Fall für die Mediziner. Jedenfalls kam eines Tages eine Studentin zu mir ins Zimmer und bat mich, für ihre Doktorarbeit 2 Tage Einlagen, die beim Laufen Druck aufzeichnen, zu tragen. Den Gefallen habe ich ihr natürlich gerne getan.

 

Am nächsten Tag kam dann eine weitere Studentin, die einen interessanten Patienten für ihre Abschlussprüfung suchte. Also musste ich ihr viele Fragen zu meinem Krankheitsverlauf beantworten. Am nächsten Tag kam sie mit 6 anderen Ärzten zur Prüfung. Sie sollte meinen Fall vorstellen und meine Behandlung diskutieren. Die erste Prüfungsfrage lautete: "Sie kommen morgens zu einem Patienten ins Zimmer. Was machen/ sagen sie?" Der Prüfling war so aufgeregt, die naheliegendste Antwort wollte ihr nicht einfallen. Und ich durfte ja nichts sagen. Die Antwort sollte lauten:" Guten Morgen. Wie geht es Ihnen heute?" Die anderen Prüfungsfragen hat sie, soweit ich das beurteilen kann, alle korrekt beantwortet.

Am nächsten Tag stand sie als frisch gebackene Ärztin mit einem riesigen Fresskorb als Dankeschön wieder bei mir im Zimmer. Ich habe ja nicht wirklich viel zu ihrer bestandenen Prüfung beigetragen, habe mich aber riesig für die junge Frau gefreut.