Die Vorbereitungen waren abgeschlossen. Eigentlich war ein Einzelzimmer mit Klimaanlage geplant. Fenster durften/ konnten nicht geöffnet werden. Es sollte um jeden Preis verhindert werden, dass ich mit irgendeinem Bakterium oder Virus in Berührung komme.

Ein junger Student aus Afrika machte Putzdienst in meinem Zimmer. Ich habe noch nie einen Mann so akribisch jedes Staubkörnchen beseitigen gesehen, wie dieser Student das täglich machte. Wirklich schade, dass ich ihn nicht mit nach Hause nehmen konnte.

 

Der Speiseplan war mal wieder eine Katastrophe. Salate waren komplett tabu, Brot nur ganz frisch, nach einigen Stunden bestand ja schon wieder das Risiko einer Keimbesiedlung. Obst nur, wenn man es schälen konnte, usw. Alles musste quasi tot gekocht sein. Auf der Speiseliste standen wesentlich mehr Verbote, als das, was erlaubt war. Und das bei den "Geschmacksverwirrungen", die man als Chemopatient zwangsläufig erlebt. Alles so steril wie möglich.

Wie ich das hinterher zu Hause wenigstens für eine Weile regeln könnte, war mir nicht so richtig klar. Aber ich durfte mit einer sehr netten Patientin telefonieren, die die Behandlung 1,5 Jahre vor mir durchgemacht hatte. Sie hat mir wertvolle Tipps gegeben zur Haushaltsführung und dem Kontakt mit anderen Menschen. Einige Ideen habe ich übernommen, manches habe ich für mich anders gestaltet. Aber es tat gut, mit jemandem zu sprechen, der die Situation schon erlebt und überlebt hat.

Meine Katze durfte nicht mehr ins Haus, alle meine Zimmerpflanzen (überwiegend Orchideen, die ich schon sehr lange habe) sollten weg. Eine schreckliche Vorstellung. Viele meiner Blumen sind eine lebende Erinnerung an meine Eltern. Vor allem eine rosa blühende Phalaenopsis, die wir (meine Schwester und ich) unserer Mutter kurz vor ihrem Tod 2002 als letzten Wunsch zum 70. Geburtstag geschenkt hatten. Diese Orchidee hat bis 2014 ununterbrochen geblüht (ich habe sie immer  noch, sie blüht inzwischen aber in einem normaleren Rhythmus). So etwas habe ich noch nie erlebt. Und die sollte ich nun weg geben?

Nein, ausgeschlossen. Das habe ich letztendlich ganz anders gelöst. Alle Topfpflanzen wurden auf Biertische ins Gästezimmer gestellt. Gäste durften ja ohnehin wegen der Infektionsgefahr keine kommen. Mein Lebensgefährte hat die Blumen liebevoll gepflegt und berichtet, wenn wieder eine neue Blüte aufgeblüht war. Ich habe dann schnell den Mundschutz aufgesetzt, mich mit der Kamera bewaffnet und ein paar Fotos gemacht. Hinterher konnte ich dann gefahrlos die Blütenpracht bewundern.